Modebranche: Nachhaltigkeit unterm Weihnachstbaum?
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Modeunternehmen
Geringere Gewinne werden gern als Gründe gegen eine aktive Nachhaltigkeitspolitik angeführt – sei es in Bezug auf umweltverträgliche Produktion oder Arbeitssicherheit. “[Unternehmen] fürchten sich davor, entsprechende Entscheidungen zu treffen, weil durch den Kauf von Fair-Trade-Produkten oder durch menschenwürdige Arbeitsbedingungen die Kosten steigen und damit der Gewinn des Unternehmens geringer wird”, stellte Fraktionsgeschäftsführer der Grünen Volker Beck fest.
Dabei würde sich der Preis eines T-Shirts laut einer Berechnung der Kampagne für Saubere Kleidung nur um etwa 12 Cents verteuern – für Kunden durchaus tragbar, gerade wenn auf dem Etikett verzeichnet wird, dass das Kleidungstück ein “sauberes” ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Offenlegung aller Bezugsquellen. Auftraggeber sträuben sich oft dagegen, dabei ist er zu ihrer eigenen Sicherheit, denn diese Offenlegung sollte sich auch auf Zulieferer erstrecken. Hier gilt allerdings – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, denn sonst kann sich schnell herausstellen, dass Kleidungsstücke nicht wie besprochen in Textilfabrik XYZ, sondern durch Gefängnis- oder Kinderarbeit angefertigt wurden. Ein Beispiel ist hier der Fall Takko, bei dem sich der Textildiskonter angeblich auf die Versprechen ausländischer Tochterfirmen deutscher Auftragnehmer verlassen hatte und feststellen musste, dass Tausende seiner Kleidungsstücken in chinesischen Gefängnissen hergestellt wurden.
Was tun in einem solchen Fall, wenn negative Publicity droht? Statt sich hinter einem Verhaltenskodex für Grundregeln zu verstecken oder die Verantwortung auf Zulieferfirmen und örtliche Behörden abzuwälzen, sollten die betroffenen Auftraggeber ihre Fehler eingestehen. Ehrlichkeit kommt bei Verbrauchern gut an, ebenso wie das Versprechen (und dessen Einhaltung), sich aktiv an einer Verbesserung der Zustände zu beteiligen, zum Beispiel durch regelmäßige Sicherheitschecks vor Ort .
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Unternehmen, die ihre soziale Verantwortung Ernst nehmen, könnten bald auch von gesetzlicher Seite Beistand bekommen. Ein Gesetzentwurf der Grünen-Bundestagsfraktion sieht eine Ergänzung zu Paragraf 93 des Aktiengesetzes vor, „wonach die Einhaltung menschenrechtlicher, sozialer und ökologischer Standards in allen Geschäftsbereichen Bestandteil der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters sind und damit nicht zu einem Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Vorstand führen können.“ Damit würde die unternehmerische soziale Verantwortung von der freiwilligen Auflage (‘nice to have’) zum Standard (‘must have’) werden.
Müssen Modemarken angesichts der jüngsten Skandale Angst haben, ihre Kunden zu verlieren? Laut Kurzumfrage des Onlinemagazins Textilwirtschaft Anfang Dezember lautet die Antwort ‘nein’. Dort reichten die Antworten der zu Kik und zum Fabrikbrand in Bangladesch Befragten von “die Menschen tun mir schon leid” und “man macht sich irgendwie mit schuldig” bis “ich muss auch aufs Geld achten”. ‘Noch nicht’ sollte man wohl ergänzen, denn im Hinblick auf immer besser informierte Kunden scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die sich häufenden Vorfälle auch im Kaufverhalten Wirkung zeigen.
Simone Preuss